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Bitumen: Der Abdichtungsklassiker

Die Geschichte des Werkstoff Bitumen

08.08.2023

Kompakt

Die Geschichte des Bitumens reicht bis in die Antike zurück, als es erstmals zur Abdichtung von Bauwerken genutzt wurde. Die industrielle Herstellung von Bitumenbahnen ermöglichte schließlich die Verbreitung von Flachdächern. Die Nachfrage nach Abdichtungsbahnen steigt weiter, da Flachdächer zunehmend beliebter werden. Nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen Nutzungspotentiale. Moderne Bitumenbahnen bieten eine langlebige und flexible Abdichtung für Flachdächer.

Die Geschichte des Werkstoff Bitumen

Mit ihrer hohen Elastizität und Widerstandsfähigkeit gegen thermische und mechanische Beanspruchungen bieten moderne Bitumenbahnen eine hochwertige und langlebige Lösung zur Abdichtung von Flachdächern. Die vielfältigen Vorteile des Werkstoffes sind bereits seit der Antike bekannt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts gelang es, den Werkstoff auch industriell herzustellen. Seitdem hat er sich zum weit verbreiteten Abdichtungsmaterial im Dachbereich entwickelt und in der Folge auch die Architekturhistorie entscheidend beeinflusst.

Zugespitzt könnte man sagen, dass erst die industrielle Entwicklung von Bitumenbahnen die Durchsetzung des Flachdachs auf breiter Front ermöglicht hat. Denn Voraussetzung für die Ausbildung eines Flachdaches ist eine wasserdichte Dachabdichtung, die dauerhaft so unterschiedlichen Belastungen wie UV-Strahlung, Windsog oder häufigem Begehen standhält und das Gebäude langfristig vor Feuchtigkeit und daraus resultierenden Bauschäden schützt. Möglich war das erst mit der Entwicklung von industriell hergestellten Bitumenbahnen. Mittlerweile wurde die Zusammensetzung der Bahnen immer weiterentwickelt. Moderne Bitumenbahnen lassen sich flexibel einsetzen und ermöglichen eine langlebige und sichere Abdichtung von Flachdächern.

Von Babylon zur Teerpappe

Bitumen kommt in der Natur in einigen Sedimentgesteinen und vor allem in Naturasphalt vor. Seine vielfältigen Vorteile sind bereits seit langem bekannt. Denn aufgrund seiner Wasserundurchlässigkeit, seiner plastischen Verformbarkeit und seiner guten Kohäsion wurde Naturasphalt bereits in der Antike zum Abdichten von Bauwerken oder Schiffen genutzt. Die ältesten Belege dazu stammen aus der Zeit um 3000 v. Chr., als das Material nahe der irakischen Stadt Hit erstmals an natürlichen Austrittsstellen gefördert wurde. Auch die Verarbeitung des Werkstoffes durch Erhitzen und die Herstellung verschiedener Rezepturen war damals schon geläufig.

Nach dieser ersten Blütezeit geriet Naturasphalt über Jahrhunderte hinweg beinahe in Vergessenheit und wurde erst im 15. Jahrhundert wieder entdeckt. Etwa zur gleichen Zeit rückten auch die vielfältigen Vorteile von Flachdach-Konstruktionen immer mehr in den Vordergrund. So hatte zum Beispiel Albrecht Dürer in einem 1518 verfassten Gutachten ein flaches Dach für die Eindeckung einer Klosterkirche gefordert, weil dieses im Vergleich zu einem Steildach deutlich leichter sei, es keinen Winddruck auszuhalten habe, dem Feuer weniger Nahrung gebe und weil es außerdem geringere Unterhaltungskosten bringe als ein hohes steiles Dach. Ähnlich argumentierte zwei Jahrhunderte später auch der Ökonom Paul-Jacob Marperger in seiner Schrift „Altanen”. Darin plädierte auch er klar für die Ausbildung von flachen Dächern, weil diese deutlich günstiger als Steildächer seien, weil man auf ihnen einen kleinen Garten anlegen könne, weil sie Platz zum Wäschetrocknen böten, weil sie Raum für ein zusätzliches Stockwerk schaffen würden und weil man auf ihnen außerdem „mancherlei Vergnügungen“ treiben könne.

Doch obwohl die Vorteile von Flachdächern schon damals klar auf der Hand lagen, blieben flache Dächer in feuchten Klimazonen lange Zeit nur ein architektonischer Traum. Zwar wurde immer wieder versucht, bei repräsentativen Bauten waagerechte Dachgesimse zu gestalten, zumeist verbargen sich dahinter aber geneigte Dächer, die lediglich mit Stirnmauern versehen wurden, um so die Illusion von Flachdächern hervorzurufen. Die technischen Schwierigkeiten blieben einfach zu groß, so dass Gebäude nur in Einzelfällen tatsächlich mit Flachdach umgesetzt wurden.

Neue Möglichkeiten zur Umsetzung von dauerhaft sicheren Flachdachkonstruktionen ergaben sich erst durch die Erfindung von flexiblen Abdichtungspappen, die zunächst mit Steinkohlenteer und später mit Bitumen bestrichen wurden. Zwei historische Meilensteine hierzu waren die Erfindung der Langsieb-Papiermaschine durch den Franzosen Nicholas-Louis Robert (1799) sowie die Entdeckung der Vorteile von Teerpappe durch A.W. Lampadius, Professor an der Bergakademie Freiberg in Sachsen. Lampadius hatte zuvor bereits die Steinkohlenvergasung entwickelt und anschließend nach Verwendungsmöglichkeiten für das dabei anfallende Nebenprodukt Steinkohlenteer gesucht, das damals noch nicht im Straßenbau verarbeitet wurden, da man seinerzeit noch durchweg Kopfsteinpflaster hatte. In der Folge erkannte er die wasserabweidende Qualität des Werkstoffes und entwickelte 1828 die Idee, Pappebögen mit heißem Steinkohlenteer intensiv zu bestreichen und diese dann auf Dachschalungen zu nageln.

Die Erfindung des Holzzementdaches

Elf Jahre später führte der schlesische Kaufmann Samuel Häusler das Prinzip von Lampadius weiter fort und entwickelte schließlich das Prinzip des Holzzementdaches als massentaugliche Bauweise für flache Dächer. Zentraler Baustein dazu war der von ihm vertriebene Holzzement, eine mit Schwefel verdickte Teerklebemasse, mit der Papier in mehreren Lagen übereinander geklebt wurde, um dann oberhalb einer Holzbalkendecke mit Brettschalung aufgebracht zu werden. Die einzelnen Papierrollen wurden dabei mit etwa 15 cm Überdeckung verklebt, um eine maximale Sicherheit zu ermöglichen. Im Verbund mit einer dicken Schicht Klebemasse sowie einer dünnen Schutzschicht aus Sand oder Lehm und Kies oder zerkleinertem Pyrit ergab sich eine aufwendige, aber dauerhafte und günstige Methode zur Umsetzung von flachen Holzzementdächern. Die Dächer waren für damalige Verhältnisse außerordentlich haltbar, nachteilig blieb dagegen ihr hohes Gewicht.

Forciert wurde die Erfindung des Holzzementdaches durch den Hamburger Brand, der im Mai 1842 große Teile der Altstadt zerstörte und in dessen Folge der Magistrat der Hansestadt einen internationalen Wettbewerb für eine nicht brennbare Dachabdichtung ausgeschrieben hatte, welchen schließlich Samuel Häusler für sich entscheiden konnte. Zu den größten Bewunderern der von ihm entwickelten Konstruktion zählte später übrigens der österreichische Architekt Adolf Loos, der das Holzzementdach von Samuel Häusler noch 1914 als größte Neuerung im Bauwesen während der vergangenen tausend Jahre adelte. Weiter ausgereizt wurde das Prinzip einige Jahre später durch den Berliner Maurermeister und Erfinder Carl Rabitz. Dieser hat das Holzzementdach seiner eigenen Villa durch eine zusätzliche Lage aus vulkanischem Zement ergänzte, um die wasserabweisende Qualität der Konstruktion noch zu steigern.

Industrielle Fertigung von Bitumen

In den Anfängen erfolgte die Fertigung von Dachpappe ausschließlich per Hand. Die Weiterentwicklung des Materials zu einem industriell erzeugbaren und flexibel einsetzbaren Werkstoff gelang dann seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als es schließlich möglich war, teergetränkte Pappen im Endlosverfahren herzustellen und in Rollenform auf den Markt zu bringen. Um 1870 gab es dazu mehrere Typen von Maschinen, auf denen Dachbahnen endlos hergestellt und als Rollen zur Verfügung gestellt werden konnten. Parallel dazu wuchs auch die Anzahl an Dachpappenfabriken rasch an – von 20 Werken im Jahr 1860 auf 209 Fabriken im Jahr 1900. Das Flachdach war damit endgültig zur allgemein verfügbaren Gestaltungsoption geworden.

Fast zeitgleich wurden damals Verfahren entwickelt, mit denen Bitumen erstmals auch industriell durch Vakuumdestillation aus Erdöl gewonnen werden konnte. 1888 wurde daraufhin das älteste und heute noch für Bitumen gültige Prüfverfahren zur Bestimmung der Penetration (Härteprüfung) entwickelt und in einer amerikanischen Patentschrift beschrieben. Erst diese petrochemische Herstellung von Bitumen eröffnete die Möglichkeit, sich von den natürlichen Bitumenvorkommen unabhängig zu machen und Bitumen in jeder gewünschten Menge und Härte industriell zu erzeugen. Sukzessive entstanden daraufhin auch erste Unternehmen, die teerfreie Dachbahnen auf Bitumenbasis anboten, darunter das Jabra-Bitumitektwerk J.A.Braun aus Stuttgart.

Begleitet und forciert wurden diese Entwicklung durch eine rasant gestiegene Nachfrage der aufstrebenden Industriegesellschaft. Moderne Stahl- und Stahlbetonkonstruktionen ermöglichten immer größere Werkhallen, Lagerhallen, Kaufhäuser oder Eisenbahnbauten mit vielfach großen Flachdachflächen, die alle entsprechend abgedichtet werden mussten. Parallel dazu setzte sich auch eine neue Ästhetik durch, die Wert legte auf klaren Linien, auf Einfachheit und Schlichtheit und die schließlich auch in der Architektur des Bauhauses und später der Nachkriegsmoderne mündete. Bedeutende Bauten aus dieser Zeit sind unter anderem die Fabrikhalle der Margarete Steiff GmbH in Giengen an der Brenz (1903), das Fagus Werk in Alfeld von Walter Gropius (1911), das Haus Schröder in Utrecht von Gerrit Thomas Rietveld (1924), die Villa Savoye von Le Corbusier in Poissy bei Paris (1931) oder das Farnsworth-House von Mies van der Rohe in Plano, Illinois (1951).

Die Ausführung der unterschiedlichen Flachdächer erfolgte seinerzeit zumeist als Holzkonstruktion, als Massivdecke mit armierten Stahlbetonträgern oder als Steineisendecke mit Ziegelhohlsteinen. Zur Dämmung wurde regelmäßig Torfoleum-Dämmung verwendet, zur Abdichtung kamen neben Teerdachpappe auch schon erste Dachbahnen auf Bitumenbasis zum Einsatz. Eine wichtige Rolle spielten dabei auch die verwendeten Trägermaterialien. Denn mit dem Aufkommen immer größerer Flachdachflächen waren gleichzeitig auch immer reißfestere Einlagen nötig geworden, so dass die alte Teerdachpappe immer weiter verschwand und durch Jutegewebe, Glasvliese oder Glasgewebe oder Polyester verarbeitet wurden.

Polymermodifizierte Bitumenarten

Parallel dazu sind auch die Rezepturen für das Bitumen immer weiter optimiert worden. Frühere „Kinderkrankheiten“ wie Risse, Blasen- oder Pockenbildung über schlecht verlegten Dämmstoffen konnten damit endgültig behoben werden. Einen wichtigen Meilenstein bedeutete in diesem Zusammenhang die Entwicklung von polymermodifizierten Bitumenarten seit Mitte der 1970er-Jahre. Die Zugabe von Polymeren ermöglicht eine deutliche Verbesserung der Kälteflexibilität und Wärmestandfestigkeit. Außerdem optimiert sie auch die elastische Verformbarkeit und das Alterungsverhalten von Bitumen. Je nach Art der verwendeten Polymere kommen Elastomerbitumen und Plastomerbitumen zum Einsatz. Ersteres entsteht bei der Modifikation mit Styrol-Butadien-Styrol (SBS), einem Werkstoff, der elastische, „gummiartige“ Eigenschaften hat und auch bei tiefen Temperaturen flexibel bleibt. Die Modifikation mit Ataktischem Polypropylen (APP) ermöglicht andererseits einen höheren Erweichungspunkt, der insbesondere bei stark sonnenbeschienenen Dächern von Vorteil ist.

Im Ergebnis der verschiedenen Entwicklungen ermöglichen moderne Bitumenbahnen eine langzeitsichere, in der Praxis aus mehreren Lagen bestehende Abdichtung, die wechselnde mechanische und thermische Einwirkungen aufnimmt und dabei maximalen Widerstand gegen die unterschiedlichen Arten von Einwirkungen bietet. Das Flachdach ist damit langfristig gegen eindringende Feuchtigkeit geschützt.

Bestens gewappnet für die Zukunft

In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird die Nachfrage nach Abdichtungsbahnen weiter zunehmen. Das liegt nicht nur an der hohen Qualität der eingesetzten Werkstoffe, sondern auch an der weiterwachsenden Bedeutung des Flachdachs, das gegenüber dem Steildach deutliche Vorteile bei der Umsetzung der Energiewende bietet. Denn um das Ziel der Bundesregierung umzusetzen, bis zum Jahr 2035 Klimaneutralität bei der Stromversorgung zu erreichen, soll die Menge der Solarstromproduktion bis zum Jahr 2030 auf eine Gesamtkapazität von 200 GW gesteigert werden, was etwa dem Dreifachen der heutigen Menge entspricht. Rund die Hälfte davon soll über Freiflächenanlagen aufgebaut werden, die andere Hälfte soll auf Dächern und insbesondere auf Flachdächern entstehen, die sich mit geringem Aufwand als idealer Ort für gebäudeeigene Solarkraftwerke nutzen lassen.

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